Was ist Dyskalkulie?
Als Rechenschwäche oder Dyskalkulie bezeichnet man eine Störung, bei der es normal begabten Kindern (und Erwachsenen) besonders schwer fällt, die Welt der Mengen, Ziffern und Zahlen zu begreifen und Rechenoperationen durchzuführen.
Rechenaufgaben über den10er-Raum hinaus stellen oft eine große Hürde dar, wenn später Analogien im Hunderterraum gebildet werden sollen, fehlt jede Grundlage. Oft verstehen rechenschwache Kinder die gestellten Aufgaben erst gar nicht. Das liegt daran, dass sie den Zusammenhang von Zahlen und Operationssymbolen,:) nicht begriffen haben und diesen keine Mengen zuordnen können. Mengen können darüber hinaus oft nicht intuitiv erfasst werden, Ergebnisse werden nicht als möglicherweise richtig oder wahrscheinlich falsch erkannt. Manche mathematischen Bereiche lösen betroffene Kinder nicht durch Rechnen, sondern durch Auswendiglernen, so z. B. das kleine Einmaleins. Sie können im Unterricht kaum auf bereits Erlerntes aufbauen und verzweifeln bald an den schulischen Anforderungen. Es wird vermutet, dass bis zu sechs Prozent der deutschen Schulkinder von Dyskalkulie betroffen sind.
In der Schule fallen rechenschwache Kinder dadurch auf, dass sie sehr langsam und häufig mit den Fingern rechnen. Da es ihnen schwer fällt, sich mathematische Operationen vorzustellen, lernen sie die Lösungen bestimmter Rechenaufgaben oft auswendig. Dies ist für sie leichter, als die Rechnungen immer wieder aufs Neue durchzuführen, denn manchmal können selbst einfache Additionsaufgaben im Zehnerbereich nur mithilfe von Rechenmaterial gelöst werden.
Deutliche Hinweise auf Dyskalkulie sind vorwiegend Schwierigkeiten beim Rückwärts- oder sogar Vorwärtszählen (z.B. "zähle mal bei 56 oder 123 weiter") und beim Zehnersprung, mangelnde Zuordnung von Ziffern zu Mengen sowie häufig auftretende Zahlendreher (12 statt 21). Darüber hinaus fällt es einem rechenschwachen Kind in der Regel sehr schwer, mit Maßeinheiten zurechtzukommen. Die Kinder haben oft keine klare Vorstellung vom Geldwert, können mit ihrem Taschengeld schlecht umgehen und brauchen lange, um das Lesen der Uhr zu erlernen. Eltern und Lehrer verzweifeln, weil sie sich die Probleme des ansonsten intelligenten Kindes nicht erklären können, das scheinbar jede Erläuterung im mathematischen Bereich schnell wieder vergisst.
Dyskalkulietherapie
Eine Dyskalkulietherapie stellt das Kind in den Mittelpunkt der Förderung und arbeitet mit dessen positiven Ressourcen. Nach einer Förderdiagnostik in den ersten Wochen, welche die Stärken, aber auch die Schwächen des einzelnen Kindes genau erfasst, kann mit der individuellen Lerntherapie begonnen werden. Eine Förderung der entsprechenden Wahrnehmungsbereiche, das gezielte Rechentraining und der Aufbau von Motivation und Selbstbewusstsein beim Kind stehen im Mittelpunkt.
Rechenschwache Kinder machen unterschiedliche Fehler, sodass eine sorgfältige Diagnostik ihrer individuellen Art zu rechnen notwendig ist, um das jeweilige Kind optimal fördern zu können. In der Lerntherapie wird so lange mit Anschauungsmaterial wie Rechenplättchen, Montessori-Material oder Ähnlichem gearbeitet, bis Mengen und der jeweilige Zahlenraum sicher beherrscht werden. Ein längeres Verweilen bei den Grundlagen ist für die Betroffenen absolut notwendig, um eine sichere Basis für den weiteren Mathematikunterricht zu erhalten. Erst wenn ein "Rechenweg" wirklich verstanden und verinnerlicht ist, kann der nächste Schritt gemacht werden.
Zum Konzept der Dyskalkulietherapie gehört der enge Kontakt zu den Eltern und LehrerInnen. Durch ein gemeinsames Vorgehen aller am Lernprozess beteiligten Personen wird der Förderverlauf effektiviert. Erste Loyalität gilt aber immer dem betroffenen Kind.